Seit 7. Oktober schuften 18 Freiwillige auf dem ehemaligen Todesstreifen in der Schaalsee-Landschaft für den Artenschutz. Die dortigen wertvollen Sandbiotope drohen zu verbuschen und zuzuwachsen, womit der Lebensraum seltener Insektenarten verschwinden würde. Der Erhalt dieser Biotope ist Ziel der Arbeiten, die bis zum 18. Oktober mit insgesamt 36 Freiwilligen aus ganz Deutschland fortgesetzt werden. Träger des Projekts ist der Zweckverband Schaalsee-Landschaft in Zusammenarbeit mit dem Verein Bergwaldprojekt, der bekannt ist für seine deutschlandweiten Arbeiten zur Wiederherstellung von Ökosystemen und nun erstmals am Schaalsee arbeitet.
Der Bereich des ehemaligen Grenzstreifens nördlich des Schaalsees bei Kneese ist Heimat der seltenen Heuschreckensandwespe. Sie ist mit bis zu 24 mm eine der größten heimischen Grabwespen und ist auf sandige, offene Lebensräume angewiesen, wie im ehemaligen Todesstreifen. Die Weibchen bauen ihre Nester im sandigen Boden, in denen sie mit gelähmten Heuschrecken ihre Larven ernähren. Auf den offenen Flächen finden sich auch zahlreiche bedrohte Heuschrecken wie die extrem seltene blauflügelige Ödlandschrecke.
Unter Anleitung von Projektleiter und Diplom-Forstingenieur Henning Rothe vom Bergwaldprojekt werden die Freiwilligen die aufkommenden Birken und Erlen auf den Sandbiotopflächen manuell entfernen und stellenweise die Vegetationsschicht abziehen, um den Sandboden freizulegen. Zusätzlich entfernen die Freiwilligen in Waldflächen die Naturverjüngung nichtheimischer Baumarten wie Küstentanne und Douglasie im Biosphärenreservat Schaalsee, um damit die heimischen Baumarten auf dem Weg zu einem naturnahen Wald zu fördern. Nebenbei werden auch alte Zäune abgebaut, um für Flora und Fauna unbegrenzte Lebensräume zu schaffen.
Anliegen des Arbeitseinsatzes ist es auch, den Freiwilligen nebenbei den Schutz der Artenvielfalt zu vermitteln: „Insekten sind ein wichtiger Bestandteil der Artenvielfalt“, so Jasmin Günther, Projektverantwortliche beim Zweckverband. „Der Gedanke ‚Nur ein Insekt‘ greift daher zu kurz. Jede einzelne Art ist ein unverzichtbares Puzzleteil im Netz des Lebens. Wenn wir eine verlieren, verlieren wir immer auch ein Stück Zukunft.“
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen aber nicht nur, wie man der Natur praktisch hilft und weshalb die Hilfe notwendig ist, sondern werden auch für einen schonenden Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen sensibilisiert. Rothe dazu: „Wer hier draußen bei Wind und Wetter für den Artenschutz arbeitet, entwickelt auch eine neue Beziehung zu unscheinbaren Insektenarten und ein neues Gespür dafür, wie wichtig der Schutz unserer Umwelt im Alltag ist. Die bei der Arbeit gemachte Erfahrung der Selbstwirksamkeit motiviert dann auch, sich im eigenen Alltag naturverträglicher und damit zukunftsfähiger zu verhalten.“
Untergebracht sind die Freiwilligen im Alter von 18 bis 73 Jahren in einem Schulgebäude im Herzen des Naturparks Lauenburgische Seen. Eine Köchin des Bergwaldprojekts kümmert sich in den beiden Einsatzwochen um die vegetarische Verpflegung der Teilnehmenden mit möglichst regionalen und saisonalen Produkten.
Bergwaldprojekt e.V.
Der Bergwaldprojekt e.V. organisiert seit über 30 Jahren Freiwilligeneinsätze im Wald, Moor und in Offenlandschaften. Dieses Jahr bringt der Verein mit seinen Einsatzwochen in Deutschland über 5.000 Freiwillige in die Natur. Dazu finden 186 Projektwochen an 95 verschiedenen Standorten in ganz Deutschland statt. Ziele der Arbeitseinsätze sind, die vielfältigen Funktionen der Ökosysteme wiederherzustellen und zu stabilisieren, den beteiligten Freiwilligen die Bedeutung und die akute Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen und daran mitzuarbeiten, die notwendige sozial-ökologische Transformation in der Gesellschaft voranzutreiben.